... die XXIII. Olympischen Winterspiele starten, zieht bei uns ein bißchen Wehmut ein, denken wir doch an den Aufenthalt in Sotschi, dem Ort der vergangenen Olympischen Winterspiele, zurück.
Wie auch anders war der Anlaß dafür bei der Jüngsten zu suchen. Als feststand, daß sie zur in Sotschi stattfindenden EM nominiert werden würde, war die Vorfreude bei meinem Mann und mir groß. Er hat ja 5 Jahre in der damaligen Sowjetunion studiert, ich war während des Studiums für ein Jahr dort. Seit 1999 habe ich nicht mehr Russisch unterrichtet und die Gelegenheiten, Russisch zu sprechen, waren rar gesät. Um es vorweg zu nehmen - er kam viel, viel besser klar als ich. Nach der knappen Woche, die wir dort waren, konnte ich zwar fließender sprechen, aber das war weit weg von den Fähigkeiten, über die ich 1986 verfügte.
Die Wettkampfstätten von 2014 werden auch heute noch umfänglich genutzt. Im großzügig angelegten Olympiapark sind alle Hallen untereinander gut fußläufig zu erreichen. Bis auf das Olympiastadion selbst, ...
wo die Eröffnungs- und die Schlußfeier der Spiele stattfanden, sind alle Arenen so konzipiert, dass sie abgebaut und in einer anderen Stadt wiederaufgebaut werden könnten. Nun ist das Stadion für die Fußball-WM im Juni umgebaut. Vorn im Bild ist eine junge Magnolie zu sehen. Eine ganze Allee davon hat man zu Ehren der Olympiasieger angelegt.
Die Karatewettkämpfe fanden im Iceberg (Дворец Зимнего Спорта Айсберг) statt. Von außen schon waren die Dimensionen beeindruckend.
Der Eisberg-Eislaufpalast umfaßt 12.000 Sitze und war 2014 Veranstaltungsort für Eiskunstlauf und Shorttrack.
Gleich gegenüber befindet sich der Große Eispalast (Ледовый дворец «Большой»).
In der Arena fanden die Finalbegegnungen im Eishockey statt. Die Halle ist seit 2014 Austragungsort der Heimspiele des Eishockeyclubs. Auch Konzerte und andere Veranstaltungen finden hier statt. Am Wochenende gab es hier einen großen Boxkampf. Bei den Einheimischen heißt das Stadion Фишт (Fischt). Dies ist der Name eines Berges nahe Adler, das ein Teil Sotschis ist.
Ergänzend dazu gibt es auch den Trainingsort für die Eishockeyspieler, die Schaiba-Eisarena (Ледовая Арена «Шайба»). „Schaiba“ ist der russische Name des Pucks im Eishockey.
In der Arena für 7000 Zuschauer wurde während der Paralympics ein Turnier im Sledge-Eishockey ausgetragen. Sledge-Eishockey wird in erster Linie von körperlich beeinträchtigten Sportlern betrieben, bei welchen die Beweglichkeit der unteren Gliedmaßen eingeschränkt ist. Dabei gleiten sie auf einer Art Schlitten vorwärts.
Um auf das Gelände zu gelangen, muß am immer irgendeine Brücke überqueren. Denn seitdem in Sotschi Rennen der Formel 1 ausgetragen werden, sind die Zugänge verändert. Die Rennstrecke umrundet sozusagen den Olympiapark.
Hier ein Blick auf die Haupttribüne. Jeden Tag fanden sich PS-Verrückte, die auf der Strecke schnelle Runden fuhren.
Auf komplizierte Anfahrten konnten verzichten, denn von unserem Hotel waren es nur gute 20 Minuten Fußweg. Die
Adler Arena (Адлер-Арена) immer fest im Blick, kamen wir gar nicht auf die Idee, sie zu fotografieren. Hier fanden die Eisschnelllaufwettbewerbe statt. Das dahinterliegende Curlingcenter (Кёрлинговый центр «Ледяной куб») hatten wir nicht im Blick.
Im Zentrum des Olympiaparks befindet sich ein riesiger Platz, wo die Medaillen verliehen wurden. Umgeben ist er von den Magnolien und begrenzt auf der einen Seite von der Ehrenmauer und an der anderen Seite von einer nach oben steigenden Säule, wo die Fackel entzündet wurde. Allabendlich um 18.00 Uhr findet für eine Stunde eine musikalische Wassershow statt.
Angrenzend an den Olympiapark findet man das Olympische Dorf, das wir an einem der anbrechenden Abende besuchten. Es liegt direkt am Meer. Die Häuser sind heute Gästehäuser. Seht Ihr im Hintergrund die schneebedeckten Gipfel?
Über die gesamte Länge sind die Zugänge mit Zäunen gesichert, so daß man erst am Ende der Häuserreihe Zugang zum Meer hat.
Der Strand allerdings ist sehr steinig. Naja, wir wollten ja auch nicht unbedingt baden. aber einen herrlichen Sonnenuntergang konnten wir beobachten.
Vor und nach den drei Wettkampftagen haben wir Ausflüge nach Adler und Sotschi gemacht. Der Stadtbezirk Sotschi erstreckt sich über etwa 100 Kilometer Luftlinie entlang der nordöstlichen Küste des Schwarzen Meeres und hat etwa 343.300 Einwohner.
Mein Mann war zu Studienzeiten in Adler und so fuhren wir am ersten Tag nach Adler, das ein Stadtteil von Sotschi ist und stiegen nach gut 25 Minuten Fahrt mit einem Minibus (Маршрутка) am Bahnhof aus.
Klar, daß wir uns den ansehen wollten. Aber auch hier: Eingangskontrolle. Der Mann hatte noch alle Schlüssel von Zuhause dabei (Kopfschütteln meinerseits) und so leerte er alle Taschen ... Von der Terrasse hatten wir einen herrlichen Blick in Richtung Sotschi.
Der Hauptstraße folgend, gingen wir dann auch mal in eine Seitengasse. Dort wie auch im "Hinterland" gelegenen Stellen scheint die Zeit stehengeblieben zu sein. Da sieht man abenteuerlich oberirdisch kreuz und quer geführte Leitungen ...
ebenfalls oberirdisch und dazu noch ungedämmte Fernwärmeleitungen ...
Unweit landen und starten die Flugzeuge in engen Abständen.
Zwischendurch fiel dem Mann ein Werbeschild für ein Minihotel namens "Juna" auf. Wie groß das wohl sein mag?
An der Magistrale entdecken wir Banner, die die Weltfestspiele der Jugend und Studenten bewerben. Wir waren ganz erstaunt, daß es dieses Fest überhaupt noch gibt.
Kurz nach der Entscheidung für Sotschi als Austragungsort der Olympischen Winterspiele hagelte es ja Kritik. Immerhin liegt die Stadt auf demselben Breitengrad wie Nizza und gehört damit zur suptropischen Zone. Allerdings ist die Stadt nicht sehr breit. Unweit erheben sich die parallel zum Meer verlaufenden schneebedeckten Gebirgsketten. Eine geschlossene Schneedecke stellt sich im unteren Teil der Pisten gewöhnlich Mitte Januar ein und erreicht im März Höhen von zwei Metern und mehr. Im höher gelegenen Bereich erstreckt sich die Skisaison von November bis Anfang Juni.
Hier zwei Fotos, einmal mit neuen Bauten, einmal mit älteren, im regionalen Stil gebaut.
Herrlich, dieses Licht in der rosa Stunde.
Hoch in die Berge sind wir nicht gekommen, denn an drei Tagen waren wir ja in der Halle. Am Montag, unserem letzten Tag, sind wir noch nach Sotschi-Zentrum gefahren. Mit dem Linienbus, ohne Zwischenhalt nach dem Bahnhof Adler und gut 100 km/h schnell auf der zweispurigen Schnellstraße brauchte es knapp 60 Minuten. Und das für nur 70 Rubel, das sind ca. 1,10 €. Einem Flußlauf folgend ging es zum Hafen.
Dem Regen trotzend versuchten sich Dutzende Angler. Am Hafen von Sotschi können Kreuzfahrtschiffe bis zu einer Länge von 220 m anlegen. Der Pavillon, ein beliebtes Fotomotiv, strahlt bei schönem Wetter sicher mehr Charme aus.
In der Innenstadt trafen wir auf verschiedene skurrile Geschäftsanzeigen, wie zum Beispiel die folgende für einen Sexshop, wo die Magie der Liebe beschworen wird, allerdings nur in den Grenzen der täglichen Öffnungszeiten von 9-21 Uhr.
Allenthalben findet man fremdsprachige Begriffe, die nun mit kyrillischen Buchstaben geschrieben werden, mit Zeichen, die es gar nicht gibt ...
wie diese für die Ile de Beauté (aus dem Frz: Insel der Schönheit). Man muß es wirklich laut lesen, damit man dahinter kommt, was es eigentlich heißen soll.
Den zentralen Markt haben wir eher zufällig gefunden. Es war ein Fest für die Sinne, denn ein exotischer Duft umwehte uns - es gab Gewürze in allen Farben ...
und natürlich auch getrocknete Früchte, prächtig, nicht?
Dem Angebot, aus frischen Granatäpfeln Saft pressen zu lassen, konnten wir nicht abschlagen. Er schmeckte vorzüglich.
Überhaupt haben wir versucht, die einheimische Spezialitäten zu bestellen. Nicht immer war es einfach, hinter den Namen auch die Hauptzutat zu verstehen/zu erraten. Nicht überall haben wir Fotos gemacht, aber die folgenden geben schon die typischen Gerichte wieder..

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Borschtsch habe ich mehrfach gegessen. Das ist eine Suppe aus roter Bete, Kartoffeln und Weißkohl, mit saurer Sahne zum Verfeinern.
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Tschebureki (чебуреки) sind eine Art von Piroggen, deren Teig man ohne Hefe zubereitet. Als Füllung dient Hackfleisch mit viel Zwiebeln, damit der Teig von Tschebureki beim Braten nicht fest, sondern weich und Hackfleisch schön saftig wird. Serviert wurde dazu eine sehr knoblauchlastige Creme.
Wareniki (Вареники) sind Teigwaren, die mit verschiedenen Füllungen angeboten werden, ähnlich den Maultaschen. Meine waren mit Frischkäse gefüllt. Dazu gab es einen Salat und saure Sahne. Schwarzer Tee begleitete fast immer unsere Mahlzeiten. Den hatte ich seit vielen Jahren nicht mehr getrunken.
Morgens haben wir immer Kascha (Пшенная каша) bekommen. Das ist Hirsebrei. Dazu gab es süße Beilagen. Mein Mann bevorzugte dann doch eher Blinis, Eierkuchen, Würstchen oder hartgekochte Eier. Und schwarzen Tee (aus Teebeuteln), und das heiße Wasser dazu kam nicht aus dem Samowar, sondern dem Wasserkocher. Aber wir waren ja nicht wegen der kulinarischen Genüsse da.
Das Tochterkind startete erstmalig in der U 21. Dennoch konnte sie gut mithalten und holte als einzige deutsche Starterin überhaupt eine Medaille. Sie scheint auf Bronze abonniert zu sein, denn das holte sie das dritte Jahr in Folge.
Dieser dritte Platz gibt ihr hoffentlich genug Selbstvertrauen für den Karate 1 Wettkampf in Spanien, zu dem sie seit heute Morgen nun nur mit einigen Sportlern aus Thüringen unterwegs ist. Denn um sich überhaupt für die Olympischen Spiele 2020 in Tokyo qualifizieren zu können, muß sie einen bestimmten Platz in der Weltrangliste einnehmen, der nur durch die Teilnahme an solchen Wettkämpfen möglich wird. Kompliziert, sehr kompliziert, denn die Konkurrenz im eigenen Land ist ja auch noch da.
Mitgebracht haben wir nur Kleinigkeiten, ein paar Süßigkeiten und handgepflückten schwarzen Tee. Von allem ein bißchen bekam unsere Nachbarin, die die Post hereingeholt hatte.
Für mich gab es zwei Fingerhüte. Der als Matrjoschka gestaltete gefällt mir besonders gut.
Für Rußland braucht man im Übrigen ein Visum, das mit knapp 100 Euro zu Buche schlägt. Dafür muß man verschiedene Unterlagen beibringen: Flugnummer Auslands-Krankenversicherung, Gehaltsabrechnung, Bestätigung der Unterkunft. Individualreisen sind nur schwerlich zu organisieren, denn man braucht jemanden als Bürgen.
Momentan laufen die Wahlvorbereitungen zu den Präsidentschaftswahlen. Jeden Abend war im Fernsehender aktuelle Präsident Putin zu sehen und zu hören. Es gibt zwar noch sieben andere Kandidaten, aber diese werden kaum die Möglichkeiten haben, so wie dieser die Medien für sich nutzen zu können.
Посмотрим. (Wir werden sehen.)
Soweit mein Bericht Roman über unsere Tage in Sotschi. Nun werde ich erst einmal Abendbrot essen. Und dann mal ein wenig die Nadel schwingen, das Binding wartet immer noch.
Eure Petrasilie, Petruschka bedeutet im russischen Petersilie ;-)).
Petruschka