... das ist der Sehnsuchtsort." Das meine nicht nur ich, sondern auch im Speziellen Micky Beisenherz, dessen Kolumne im Stern erscheint. Im Nachgang unseres Frankreichaufenthaltes habe ich mich durch die Zeitungen und Zeitschriften gelesen und bin so auf seinen Beitrag gestoßen. Ich werde am Ende des Posts noch einmal darauf eingehen.
Sehnsuchtsort Frankreich - das stimmt definitiv für mich. Da fahre ich in den Urlaub hin, da bin ich entspannt, lasse mich treiben von meinen Wünschen, dieses oder jenes zu tun. Da kann ich Französisch sprechen, hören, einatmen - und muß nichts korrigieren 😏. (Da werde höchstens ich korrigiert.) Verschiedentlich habe ich auch hier über unsere Frankreichurlaube berichtet. Vor vier Jahren haben wir von unserem Urlaubsort in der Picardie zwei Tagesausflüge nach Paris gemacht (daher stammen die Aussichten vom Eiffelturm). Von Seiten der Schule hatte ich auch schon mehrere Aufenthalte in Paris.
Nun also Lyon und Paris mit der Jüngsten. Im vergangenen Jahr waren wir zuerst in Brüssel und dann in Paris. Von diesem Aufenthalt habe ich auch Fotos rausgesucht, aber nur von Orten, wo wir auch in diesem Jahr waren. Aber da wegen der Pandemie nur wenige Touristen in Paris waren, sieht man da einiges besser. Das Kind und ich waren ja schon mehrere Male in Paris, zusammen, aber auch getrennt, mit Schülergruppen. So hatten wir uns für dieses Jahr Ziele vorgenommen, die eher am Rande mal in den Fokus geraten waren.
Von Lyon aus fährt man mal gerade zwei Stunden mit dem TGV und das zu einem sehr moderaten Preis (wenn man lange genug vorher bucht). So waren wir schon 12.00 Uhr in unserem Hotel, wo wir ein Appartement mit Kleinküche gebucht hatten. Wir konnten glücklicherweise sofort das Zimmer beziehen, das war echt ein Glücksfall. Nach einem Mittagessen im Viertel sind wir ins Zentrum, ins Rodinmuseum. Das Museum befindet sich im Hotel Biron, in dem Rodins zeitweilig sein Atelier hatte und zusammen mit seinem Sekretär Rainer Maris Rilke wohnte. Noch zu Lebzeiten veranlaßte er, daß nach seinem Tod der Staat das Haus als Museum einrichtet.
Die Sammlung präsentiert berühmte Plastiken bzw. Vorstufen dazu. Eine berührte mich besonders durch ihre Schlichtheit.
"La cathédrale" - ist das nicht ein schöner Name für diese Plastik. Diese Sanftheit, diese Zartheit, aber auch eine gewisse Bestimmtheit - hier sagt die Geste einfach mehr als Worte. Ich war hin und weg.
Vor Ewigkeiten war ich mal mit der Schule im Rodin-Museum. Aber das wohl berühmteste Werk Rodins, "Der Kuss", war da gerade nicht ausgestellt. Nun aber konnten wir es bewundern.
Zu den Konzepten moderner Museen gehört wohl auch, einen zweiten bzw. mehrere Künstler thematisch entgegenzusetzen. In einem Nebengebäude gab es eine temporäre Ausstellung. Hier war es unter anderem Picasso, dessen Kuß eben ganz picassomäßig ist.
Mit dem Kind war ich im vergangenen Jahr im Picassomuseum. Auch in Brüssel hatten wir im Magrittemuseum einige Werke von Picasso sehen können. Aber ein gewebter Teppich hatte meine ganze Aufmerksamkeit.
"Guernica" - in seinem Gemälde verarbeitet Picasso den furchtbaren Schrecken des spanischen Bürgerkrieges. Faszinierend, wie Original und Teppich dieselbe Wirkung auf mich haben.
Auch Edward Munch kam zum Zuge. Er hatte sich die Plastik "Der Denker" ausgesucht und als Gemälde verewigt.
Zum Museum gehört auch ein weitläufiger Garten, in dem weitere Plastiken ausgestellt sind. Von hier aus hat man einen Blick auf zwei ziemlich markante "Höhepunkte" der Stadt.
Im Vordergrund ist der Invalidendom zu sehen, links daneben, eher klein, der Eiffelturm. Auf der linken Seite der Seine waren wir in diesem Jahr gar nicht.
Denn am nächsten Tag sind wir ins Musee des arts décoratifs, dem Museum für Kunstgewerbe und Design. Dazu mußten wir vorher ein Zeitfenster buchen. Das Museum selbst ist einem Flügel des Louvre untergebracht ...
... und beherbergt auch das Modemuseum und das Museum für Werbegeschichte, die beide eigene Wechselaustellungen zeigen. Es waren quasi drei Museen in einem, was sich natürlich auch auf unsere dortige Aufenthaltsdauer auswirkte.
Begonnen haben wir, und das war richtig so, denn da waren wir über ein Stunde, in einer Schmuckausstellung. Sooo schön, die einzelnen Stücke, aber schwer zu fotografieren, da sie natürlich alle hinter Glas ausgestellt waren.
Dann landeten wir in einer Ausstellung, in der Fotos vom Anfang der Fotografie bis heute ausgestellt waren. Sie führten uns von fernen Ländern über Modefotografie, Architektur, Landschaftsfotografie bis hin zur Werbung.
Cyanotypie - der Blauton ist faszinierend.
Verfremdete Architektur - der Eiffelturm als Dino.
Modefotografie in Schwarz/ Weiß - präsentiert auf unverputzten Wänden. Ich vermute mal, daß das beabsichtigt war. Ich fand nirgends einen Hinweis darauf, wie dieser Umstand einzuordnen ist.
Dann sahen wir Wohnungseinrichtungen verschiedener Epochen. Ganze Wohnungsfluchten sind zu sehen, aber schwer auf einem Foto einzufangen. Fotomäßig beschränke ich mich auf diesen außergewöhnlichen Sessel. Ich habe leider die Bezeichnung vergessen. Ich meine mich zu erinnern, daß es mit "secrets" zu hat.
Ganz nach meinem Geschmack waren die Räume zum Jugendstil und Art déco. Ist das Wohnzimmer nicht schön? So viele Details bei den Möbeln, herrlich.
Als unser Hunger nach gut drei Stunden zu groß wurde, machten wir uns auf den Weg zum Ausgang. Um dann dort noch auf ein Urtier zu treffen.
Dieses Nashorn stammt vom Bildhauer und Graveur François-Xavier Lalanne und ist, wenn der Panzer geöffnet wird, als Schreibtisch konzipiert. Es besteht aus Messing, Messingdraht, Kupfer, Stahl.
Nach einem sehr späten Mittagessen, es war eher Kaffeezeit, sind wir zu den Galeries Lafayette - von der Dachterrasse hat man einen großartigen Blick auf Paris.
Links kann man die Hinterseite der Pariser Oper sehen. Und in der Ferne grüßt der Eiffelturm, von wo aus man sicher an diesem Tag eine tolle Sicht hatte. Natürlich haben wir auch einen kleinen Rundgang durch die Abteilungen gemacht. Ich habe auch ein kleines Geschenk mitgenommen. es ist etwas für meinen bald auf die Welt kommenden Enkel.
Montmartre hatten wir auch im letzten Jahr besucht. Aber da ist einiges "liegengeblieben", das wollte ich nachholen. Doch vor einem Besuch steht der Aufstieg. Für mich war es motivierender, von oben herab nach unten die Stellen aufzusuchen, wo ich hinwollte.
Gestählt durch die täglichen 6000 Schritte bzw. Fitneßstudiobesuche kam ich gut mit den unzähligen Stufen zurecht. 129 Meter hoch ist der Hügel an seiner höchsten Stelle. In diesem Jahr wollte ich unbedingt in die Basilika Sacré-Cœur, anstelle nur davor zu stehen.
Und ein Besuch lohnt sich definitiv. Kirchen strahlen eine Erhabenheit und Schönheit aus, die auch mich als Nichtgläubige faszinieren. Im Inneren waren noch Informationstafeln zur Baugeschichte aufgestellt.
Den "Espace Dalì" hatten wir schon mehrfach besucht, nun wollte ich ins Musée Montmartre, das nur wenige Schritte vom Place du Tertre entfernt liegt. Der Eingang ist ein wenig unscheinbar, das Museum allerdings nicht.
Es zeigt mit Gemälden, Plakaten und Zeichnungen von Toulouse-Lautrec, Modigliani, Suzanne Valadon und ihrem Sohn Utrillo und anderen das Künstlerleben in den Ateliers und Cabarets des Montmartre-Viertels von einst. Es sind eigentlich mehrere Häuser, jedes mit einem eigenen Schwerpunkt. Die aktuelle Wechselausstellung "Le Paris de Dufy" hat mir sehr gut gefallen. Auch hier gab es einen Bildteppich.
Wenn man in den Graten hinuntersteigt, kann man einen Blick auf den Weinberg erhaschen. Es gibt auch ein kleines Café. Aber wir hatten ein anderes Ziel für das Mittagessen.
Ein kleines Stück weiter hinunter steht das Maison rose, das rosafarbene Haus. Dieses war früher ein Künstlerkabarett.
Im 18.Jahrhundert standen auf dem Montmartrehügel noch zwölf Mühlen, die zum Mahlen von Mehl und Blumen sowie zum Pressen von Trauben gebraucht wurde. Heute sind es nur noch zwei. Eine davon ist die Moulin de la Galette.
Weiter ging es hügelab. Unerwartet stießen wir auf Häuser, die ich eher an der See erwartet hätte. Schick, oder?
Und auch das ist Paris, man muß einparken können. Hinter dem kleinen weißen Auto links auf dem oberen Foto blieb nicht viel Platz.
Es wird ja kolportiert, daß man in Paris lieber nicht die Handbremse anziehen sollte, damit der Vorder- oder Hintermann noch "schieben" kann. Beobachtet habe ich eine solche Aktion noch nicht, aber vorstellen kann man es sich bei solchen Situationen.
Mein nächstes Ziel war das "Café des deux moulins" - das Café, in dem Amélie Poulain arbeitet.
Ehrlich, im Inneren mag es genauso wie im Film aussehen, die Einbettung in die Straßenszenerie in echt hat mich ein wenig enttäuscht.
Gelesen im Roman von Nicolas Barreau "Die Liebesbriefe von Montmartre" hatte ich von der "Mur des je t'aime". Die hatten wir schon im letzten Jahr besucht, aber auch in diesem Jahr statteten wir ihr einen Besuch ab. Das Foto stammt vom vergangenen Jahr, da war das Fotografieren viel einfacher, da ohne Touristen.
Es ist eine alte Hausmauer, in die eine riesige Tafel eingelassen ist, auf der angeblich in allen Sprachen der Welt "Ich liebe dich" steht.
"Ich sah sehr viele Menschen an diesem Tag, Menschen jeden Alters und aus ganz unterschiedlichen Ländern, aber eines hatten sie alle gemeinsam: Wenn sie sich umdrehten und von der Wand wegtraten, lag ein Lächeln auf ihrem Gesicht."
Unser Weg nach unten endete in einem Café in der Nähe der Moulin Rouge. Beabsichtigt war das nicht, aber so hatten wir noch ein Erlebnis der anderen Art.
Denn auf einmal tauchten in unserem Sichtfeld Polizisten in voller Montur auf. Erst zwei, dann sechs, zehn ... In der angrenzenden Gasse parkten unzählige Mannschaftswagen. Da beschlossen wir, lieber zu gehen. Von links näherten sich auch schon Demonstranten. Wir schlugen die andere Richtung ein, dem Grünstreifen des Boulevard Clichy folgend. Das muß die Pariser Reeperbahn sein. Rechts und links davon gab es einen Sex-Shop am anderen. Das hätte uns auch klar sein können, schließlich war es Pigalle. Am Abend sahen wir in den Nachrichten, daß es frankreichweit wieder einmal Proteste gegen den Pass sanitaire, das Gegenstück zu unseren 3xG, gab. Apropos pass sanitaire. So ziemlich überall mußten wir ihn vorzeigen: in den Museen, den Restaurants, den Cafés, im Zug, im Boot auf der Saône.
Nach einem Besuch auf dem Friedhof Père Lachaise in den 90ern und vor allem nach einer Kurzsequenz aus dem Film "Paris, je t'aime" wollte ich wieder einmal dahin. Sein morbider Charme begeisterte mich.
Dieser Friedhof ist der größte der Stadt. Inzwischen sind hier über eine Million Menschen begraben, darunter viele berühmte Persönlichkeiten aus dem künstlerischen Bereich. Gesucht und gefunden haben wir die Gräber von Jim Morrison, Edith Piaf und Oscar Wilde.
Begegnet sind wir ganzen Gruppen, die von Guides angeführt, eine Grabtour machten. Da, wo sich Menschen ansammelten, mußte ein Berühmter liegen. Gern wäre ich noch länger durch die Reihen spaziert, aber es war einfach zu heiß und kein Lüftchen ging. Also sind wir in Zentrum zurück, um ein wenig im Jardin des Tuileries zu entspannen. Am Nachmittag sind wir ins Geschäftsviertel La Défense gefahren, das von der "Grande Arche" dominiert wird.
Wenn ich das ausspreche, gibt es immer großes Gelächter, wird es doch Arsch ausgesprochen. Das hohle Innere des Kubus umfaßt mehr als 100 Meter, Notre Dame fände Platz darin. Ein großes Tuchsegel - Le Nuage , die Wolke genannt - lockert die strenge Geometrie auf. Bekannt ist das Viertel auch für sein Einkaufszentrum. Im FNAC, einem riesigen Laden für Bücher, Schulsachen und Unterhaltungselektronik, nahm ich mir CDs mit.
Am nächsten Tag ging unser Zug erst gegen 15 Uhr. Nach dem Auschecken konnten wir unser Gepäck dort im Hotel lassen und machten uns auf den Weg zur Place de la Bastille, wo die Promenade Plantée ihren Ausgangspunkt nimmt. Die Promenade Plantée ist ein ehemaliger Bahnviadukt, der begrünt wurde.
Wir waren schon im letzten Jahr ein Stück gelaufen, aber da hat es geregnet, da haben wir ziemlich schnell aufgegeben. In diesem Jahr war es zwar kühl, aber wenigstens trocken. Es gibt belaubte Pergolen, Spaliere, kleine Wasserbecken und immer eröffnet sich ein Blick auf Seitenstraßen.
An diesen Kreuzungen kann man nach unten gehen und dem Fußweg unterhalb des Viaduktes folgen. In den Bögen sind Ateliers untergebracht. Wir aber sind oben geblieben. Uns begegneten viele Spaziergänger und auch Jogger. In kleinen Nischen kann man auch Zeitung lesen oder anderen entspannenden Tätigkeiten nachgehen.
Der gesamte Weg ist ca. 4,5 km lang, wir sind vielleicht 2 km gelaufen. Von der parallel verlaufenden Avenue hat man nichts gehört, so dicht ist der Bewuchs.
So schnell war unsere Zeit in Paris um. Ich habe wieder viel gesehen und gelernt, Französisch gesprochen. Und lecker gegessen. Das Tochterkind ist da ganz firm, die angesagtesten und interessantesten Lokalitäten aufzutun und dann auch dort hinzufinden 😂. Hier nur zwei Beispiele.
In Montmartre gibt es die "Crêperie de Brocéliande", eine bretonische Crêperie, die Galettes anbietet. Das sind riesige Eierkuchen aus Buchweizenmehl, die so wie meiner meist herzhaft gefüllt sind. Oder wie bei der der Tochter als Salatunterlage dient.
ALs es einmal zu spät war, um in einem Restaurant Mittagessen zu bekommen, sind wir in eine der Bäckereiketten gegangen, in denen man Menüs zusammenstellen kann. Ein Nachtisch war dabei: Biskuitteig mit Pistazien, Mascarponecreme und Himbeeren. Köstlich und definitiv eine Sünde wert. Naja, bei den Strecken, die wir täglich gelaufen sind, hatten wir uns das auch verdient. Den Namen dieses kleinen Törtchens habe ich mir nicht gemerkt.
Ich beende meinen Post mit einem längeren Zitat aus dem eingangs benannten Artikel.
" In keinem Land der Welt schämt man sich so sehr, nicht in der Landessprache zu bestellen, wie in Frankreich. (...) Ich möchte dazugehören. Und wenn ich dafür die Sprache lernen muss. Ich mein, ich bitte Sie: Es klingt einfach alles besser auf Französisch. Wirklich alles! (...) (E)in gravierendes Verkehrsdelikt heißt in Frankreich: "Le délit de grande vitesse" - das Vergehen der großen Geschwindigkeit. Da, wo eine Ordnungswidrigkeit klingt wie der Titel meiner zukünftigen Autobiographie - da möchte ich sein."